Montag
06
April
Buchvorstellung, 19:00 Uhr
Veranstaltungsabsage: Lotte Strub-Rayß: Verdammt und entrechtet
Humanistisches Zentrum - Mörikestr. 14, 70178 Stuttgart
Veranstaltungsabsage: Von Stuttgart bis in den Gulag – Eine Buchvorstellung von Dr. habil. Horst Groschopp
Veranstaltungsabsage: Lotte Strub-Rayß: Verdammt und entrechtet
Erzählt wird die Geschichte einer jungen Frau, die nach dem Ersten Weltkrieg in einer schwäbischen bürgerlichen Familie in Stuttgart aufwuchs. Sie schlug sich als Arbeiterin durch, wurde Opfer sexueller Gewalt, studierte Kunst an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule, verliebte sich in den bekannten Arzt und Dramatiker Friedrich Wolf und erlebte die ganz große Liebe. Sie ist an seinen dramatischen Projekten beteiligt.
Früh wandte sie sich der linken Bewegung zu und leistete aktiven Widerstand gegen das erstarkende NS-Regime. Sie rettet Wolfs Archiv und die beiden Söhne Konrad, später ein berühmter Regisseur, und Markus, in der DDR Chef der Auslandsspionage.
1933 musste Lotte Rayß Deutschland verlassen. Sie floh über mehrere Umwege nach Moskau – mit ihrem Baby. In Engels, der Hauptstadt der deutschen Wolgarepublik, studierte sie auf Anweisung von Lenins Ehefrau Pädagogik, heiratete den Journalisten Lorenz Lochthofen, betätigt sich als Künstlerin. 1938 wurde sie Opfer des Stalinterrors. Die Tochter wird von ihr getrennt, ihr Neugeborenes stirbt im Gefängnis. Die Wege von Lotte und Lorenz trennen sich zwangsweise. Sie sahen sich erst in der DDR wieder, beide glaubten den anderen tot. Sie hatten neue Familien.
Friedrich Wolf war inzwischen gestorben. Er hat sich nachweislich nicht um ihr Schicksal gekümmert. Dass es sie überhaupt gab, blieb viele Jahre ein Geheimnis und konnte erst längere Zeit nach dem Ende der DDR öffentlich werden.
Diese Autobiographie ist ein Beitrag zur Dokumentation der End-Zeit-Weimarer Republik in Stuttgart, eine Aufklärungsschrift zur Gulag und Verbannungsgeschichte der Sowjetunion und zum Schicksal deutscher Politemigranten. Die Memoiren entstanden in ihren letzten Lebensjahren, dem Sohn Konrad diktiert, der, 1946 im Karagandiner Arbeitslager, dem größten Gulag der Sowjetunion geboren, damit erstmals von diesem Martyrium erfuhr.
Literaturangabe: Lotte Strub-Rayß: Verdammt und entrechtet. Stuttgart – Basel – Moskau… 16 Jahre Gulag und Verbannung. Aus dem Nachlass herausgegeben von Konrad Rayß. Mit einem kulturwissenschaftlichen Nachwort von Horst Groschopp. Berlin: Trafo Verlag 2018, 660 S., ISBN 978-3-86465-049-9, 29 €
Referent: Dr. habil. Horst Groschopp, Jg. 1949, Zwickau, Kulturwissenschaftler und Autor zahlreicher Bücher über historische Arbeiterkultur, Freidenkerbewegung, DDR-Kulturhistorie, Theorie und Geschichte des Humanismus sowie biographische Arbeiten zu Fritz Kummer, Otto Rühle, Alfred Kurella, Max Hoelz, Rudolph Penzig, Adolph Hoffmann, Johannes und Ursula Neumann und andere; Gründungsdirektor der Humanistischen Akademie und ehemaliger HVD-Präsident.