Bericht zur Jugendfeier 2015
Mit der Jugendfeier der Humanisten Baden-Württemberg am vergangenen Sonntag feierten acht junge Humanisten gemeinsam mit etwa 300 Gästen im Häussler Bürgerforum in Stuttgart-Vaihingen ihren Weg von der Kindheit zur Jugend und zum Erwachsenwerden. Musikalisch umrahmt wurde die Feier, wie bereits in den Vorjahren, von der Band des Musikfachseminars Stuttgart.
(Stuttgart, 29.06.2015) Für die acht Jugendlichen aus Baden-Württemberg war dieser schöne Sommertag mit Sicherheit ein unvergessliches Erlebnis. Mit ihrer selbstbestimmt mitgestalteten Jugendfeier, reihten sie sich in eine 160-jährige humanistische Tradition ein. Doch zu traditionell oder gar angestaubt war diese Feier keineswegs. Auf die große Leinwand projizierte Whatsapp-Chats, Kritik an Germany's Next Topmodel und Gedanken über First World Problems bewiesen, dass die Humanistische Jugendfeier ganz in unserer Zeit angekommen ist. Im Vergleich zu den Vorjahren nahmen sich die Jugendlichen dieses Jahr noch mehr eigenen Raum, um ihren Familien und Freunden und weiteren Gästen ihre Gefühle und Gedanken über das Erwachsenwerden näher zu bringen und ihre künstlerischen Fertigkeiten zum Besten zu geben. So begrüßte diesmal keiner der erwachsenen Humanisten das Publikum. Stattdessen war es Moritz von den Jungen Humanisten, der die „Jugendfeierlinge“ und die Gäste im vollbesetzten Festsaal des Bürgerforums willkommen hieß. Allein die Vorstellung der Jugendlichen und die Festrede wurden den Erwachsenen überlassen. Mit ihren Reden, Theater-Szenen und musikalischen Darbietungen zeigten sich die Jugendlichen in ihrer Vielfalt und bewiesen dabei nicht nur Kreativität, sondern auch Selbstreflexion und Tiefgang:
Den Anfang machte Sara aus Stuttgart, die während den Vorbereitungen zur Jugendfeier als mutig und keck-lustig wahrgenommen wurde. Sie erklärte, was Freundschaft für sie bedeutet – Vertrauen und gemeinsame Abenteuer sind ihr hier besonders wichtig. Oberflächlichkeiten und Sendungen wie Germany's Next Topmodel kritisierte sie dabei bestimmt. Und später berührte sie das Publikum, als sie mit ihrer gefühlvollen Stimme ein Lied von Bruno Mars sang. Als nächste hatte sich Kim-Lisa aus VS-Schwenningen, die als sozial gilt und auch mal über sich selbst lachen kann, zum Ziel gemacht, ihre Generation den Gästen näher zu bringen. Sie stellte heraus, dass der Fortschritt der Medienwelt einfach zu unserer Zeit gehört und dass die Jugendlichen durchaus verantwortungsbewusst mit den neuen Möglichkeiten umgehen können. Ihre Bitte an die Erwachsenen lautete: „Akzeptiert mich so wie ich bin, auch mit meinen Fehlern.“ Jannes aus Stuttgart-Vaihingen, der als offen und freundlich vorgestellt wurde, philosophierte anhand seiner langjährigen Klettererfahrung über Vertrauen in sich und sein Umfeld. Kritisch merkte er an, dass man nicht blind in die Technik vertrauen sollte, vielmehr sollte man sich bewusst machen, dass nicht alles stimmen muss, was da so im Internet steht. Mara aus Stuttgart-Wolfsbusch, die als sozial und selbstbewusst gilt, hatte sich über Zukunftspläne und -träume Gedanken gemacht. Frei und glücklich zu sein, erklärte sie dem Publikum, das ist das höchste Gefühl, das ein Mensch spüren kann. Und weil ihrer Erfahrung nach Tanzen glücklich macht, lud sie das Publikum zum gemeinsamen Walzertanz ein. Und plötzlich war der Saal voll von glücklich lächelnden, tanzenden Paaren. Was für ein schöner Moment! Als nächstes war Mika aus Stuttgart-Vaihingen an der Reihe, der als ruhiger, aber cooler Typ, der Action mag beschrieben wurde. Er erzählte, wie er später mal als Polizist die Gerechtigkeit bewahren und sich dafür einsetzen möchte, dass alle Menschen die gleichen Chancen erhalten. Im Anschluss zeigten Chiara aus Stuttgart-Vaihingen, die als Fels in der Brandung gilt, und Magdalene aus Heidelberg, die als süßes Mädchen mit Tiefgang wahrgenommen wurde, eine Theater-Performance über Kinderrechte. Unterstützt wurden sie dabei von Kim-Lisa. Magdalene und Chiara erzählten anschließend, dass sie sich bewusst darüber sind, wie gut es ihnen geht. Denn sie können ohne existentielle Sorgen einschlafen, leben in keinem Kriegsgebiet, haben Zugang zu sauberem Wasser und Bildung. Und sie erklärten, dass sie nicht vergessen werden, dass es anderen nicht so gut geht wie ihnen. Wie sie mit der Ungerechtigkeit in der Welt umgeht, erzählte dann Anne aus Schwendi, deren Schalk in ihren Augen funkelt und die ohne Vorurteile erscheint. Statt sich von der Last des Lebens erdrücken zu lassen, hilft sie lieber Menschen in ihrer direkten Umgebung.
In seiner humorvollen Festrede erinnerte Andreas Henschel, Geschäftsführer der Humanisten Baden-Württemberg, an die erste Jugendfeier die er vor 17 Jahren durchführte, die damals noch Jugendweihe hieß. Die damals mit den drei Teilnehmerinnen durchgesetzte sehr moderate Neuerung führte zu schweren Konflikten mit seinem Vorgänger. Doch nach und nach habe er dann zusammen mit der Jugendreferentin des Verbandes, Petra Häneke den tradierten Ablauf reformiert hin zu einer Feier der Jugendlichen, die sie selbst gestalten können – ein festlicher Rahmen, um ihre Ansichten und Gefühle auf der Schwelle zum Erwachsenwerden mitzuteilen. Und er ermunterte die Erwachsenen, sich an ihre eigene Jugend zu erinnern. Das, was die Jugendlichen heute bewegt, den Wunsch nach Freiheit, etwas selbst erschaffen zu wollen und den Spaß und die Freude am Leben, dürfte ihnen dabei nicht ganz unbekannt vorkommen. Und so erklärte Andreas Henschel, dass es für die Humanisten Baden-Württemberg wichtig ist, Akzeptanz und Offenheit jedem Menschen entgegen zu bringen – ganz besonders jedoch den Jugendlichen an diesem Sonntag.
Am Ende ihrer Jugendfeier sah man die Jugendlichen mit stolzem Lächeln im Gesicht gemeinsam aus dem Saal schreiten. Sie wirkten so, als wären sie mit dieser Feier selbstbewusster geworden und ein Stück gewachsen. Während des anschließenden Sektempfangs ließ man zusammen mit den Jugendlichen, ihren Familien und Freunden, dem Vorbereitungsteam um den Erlebnispädagogen Ingo Grießbach, der Theaterpädagogin Susken Jurda sowie Marcel Kronfeld, die die Jugendlichen über 6 Monate intensiv begleitet hatten und weiteren Gästen dieses ganz besondere Fest an diesem schönen Sommervormittag fröhlich ausklingen.
Text: Julia v. Staden; Fotos: Jens Volle
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