Die Soziale Frage
In Württemberg, wie in ganz Deutschland, radikalisierte sich einst die "soziale Frage". Sozialistische Arbeiter schlossen sich vermehrt der Bewegung an. Albert Dulk (1819 - 1884), ein preußischer Schriftsteller und 48er-Emigrant, der seit 1858 in Stuttgart lebte, hielt ab 1876 religionskritische Vorträge in der Stuttgarter Liederhalle, die sehr starke öffentliche Beachtung fanden.
Stuttgarter Freidenkergemeinde
Sozialisten und liberale Demokraten engagierten sich in dieser Zeit auch stark in Fragen der Religionskritik. August Bebel bekannte sich in einer Reichstagsrede offen zum Atheismus. Ludwig Büchner (1824 -1899), Karl August Specht (1845 -1909), aber auch einige Freireligiöse gründeten 1881 den "Allgemeinen Deutschen Freidenkerbund". Und im April 1882 kam es dann auch zur Gründung einer "Freidenkergemeinde Stuttgart", der ersten in Deutschland, der sich auch viele bisher zur Freireligiösen Gemeinde gehörende Mitglieder anschlossen. Diese Freidenker grenzten sich nun ab von den Freireligiösen Gemeinden, da sie dort "die Eierschalen ihres kirchlichen Ursprungs noch zu sichtbar an sich ... tragen" und "ihre inneren Gebräuche zu lebhaft an diejenigen der Kirche erinnern". Die Freidenker definierten sich von nun als "frei von Religion".
Nach dem plötzlichen Tod von Albert Dulk wurde der ehemaliger Rabbiner Jakob Stern (1843 - 1913) Sprecher der Stuttgarter Freidenker, der zugleich jahrzehntelang Redakteur und wichtiger Theoretiker der württembergischen Sozialdemokratie war.
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Nach 1900
Um die Jahrhundertwende entstanden dann deutschlandweit neue Organisationen, wie der Monistenbund des bekannten Zoologen Ernst Haeckel (1834 - 1919), der auch der "deutsche Darwin" genannt wurde oder das Komitee Konfessionslos wie auch der "Freidenkerverband für Feuerbestattung". Unter dem Eindruck dieser Entwicklung änderten schließlich die Reste der Freireligiösen Gemeinde Stuttgart 1914 ihren Namen in "Freidenkergemeinde" und nach Ende des 1. Weltkrieges nannte man sich "Württembergischer Freidenker- und Monistenbund". Immanuel Hermann (1889 - 1944), Professor für Elektrotechnik, war in den Jahren 1919 bis 1933 Vorsitzender des Württembergischen Landesverbandes. In Stuttgart unterstützten den Verband auch der Philosophiedozent Paul Sakmann (1864 - 1936) und der Herausgeber der "Sonntags-Zeitung" Erich Schairer (1887 - 1956). Beide publizierten zudem religionskritische und freigeistige Bücher. In der Weimarer Republik bestanden im Deutschen Reich mehrere der hier genannten freigeistigen Organisationen nebeneinander mit zusammen über eine Millionen Menschen, die sich zusammenfanden im sogenannten "Weimarer Kartell".» zurück
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